Ausbeutung oder geniale Geschäftsidee?

profo

Angesehenes Mitglied
Hallo zusammen,

ich bin im Netz über eine Beschreibung gestolpert, die so dreist ist, dass man schon wieder darüber lachen muss. Jemand will andere für sich gratis arbeiten lassen und hat offenbar keine Lust, einfach ein Forum oder ein hyper-erfolgreiches Web-2.0-Dingie zu gründen.

Die hypotetische Aufgabe: "Die Künstler arbeiten für mich für lau" umschreiben.

Fundstück aus dem Netz:

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Dabei ist die xxx AGENDA relativ einfach: KünstlerInnen sind in ihrer Auftragslage nicht immer vollausgelastet. Die entstehende "Freizeit" wird durch nicht kommerzielle Arbeiten überbrückt, das eigene Talent linear ausgebaut. xxx KünstlerInnen übernehmen ausschließlich Aufgaben, die ihnen selbst gefallen und von denen sie sich eine Herausforderung für das eigene Können versprechen. xxx KünstlerInnen erhalten daher auch keinerlei finanzielle Entschädigungen für ihre Werke, da die der xxx zur Verfügung gestellte Zeit durch die außerhalb von xxx verdienten Gagen & Tantiemen bereits abgegolten ist. Die freie und private Interessengemeinschaft xxx kann sich daher auch den Luxus leisten, auf eigene Einkünfte oder staatliche Fördergelder verzichten zu können.

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Wer sagt, daß es da einen einzigen Externen außer den beiden beteiligten Ehepaaren gibt?

Praktisch wird lediglich mitgeteilt, daß es eben ein Hobby ist und daß damit eben kein Honorar gezahlt werden könne.

Schreiben und hoffen kann man ansonsten viel - die Hoffnung stirbt dann zuletzt.

Mir scheint das eher eine zweite Welt zusätzlich zum Berufsleben zu sein. Das muß es ja geben, die Aktivitäten würden in der Freizeit stattfinden. Und da, wo bei Selbständigen Privates und Berufliches völlig gemischt ist, da ist das bei Leuten in Festanstellungen getrennt in Beruf und Hobby. Für letzteres kann nicht zuviel Geld ausgegeben werden.
 
Es gibt offenbar Leute, die sich betrogen fühlen. Deswegen glaube ich nicht, dass es sich nur um das Ehepaar handelt. Aber davon abgesehen, der Kernpunkt meines Amüsements war die folgende Passage:

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xxx KünstlerInnen erhalten daher auch keinerlei finanzielle Entschädigungen für ihre Werke, da die der xxx zur Verfügung gestellte Zeit durch die außerhalb von xxx verdienten Gagen & Tantiemen bereits abgegolten ist
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Die Arbeit der Künstler für mich soll also dadurch abgegolten sein, dass der Künstler irgendwo anders Geld verdient hat. Und für einen arbeitslosen Künstler liest sich das so: "Die Arbeit der Künstler für mein Unternehmen ist durch das von den Künstlern bezogene Arbeitslosengeld bereits abgegolten".

So eine Formulierung finde ich einfach jenseits von Gut und Böse...
 
Natürlich ist so eine Aussage

QUOTE (profo @ Fr 27.06.2008, 13:04)===
xxx KünstlerInnen erhalten daher auch keinerlei finanzielle Entschädigungen für ihre Werke, da die der xxx zur Verfügung gestellte Zeit durch die außerhalb von xxx verdienten Gagen & Tantiemen bereits abgegolten ist
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ein guter Witz oder ein schlechter Scherz, je nachdem, wie herum man das sieht.

Nur ist das faktisch (von tatsächlichen Betrugsfällen abgesehen) nichts anderes als die (auf anderen Projekten auffindbare) Aussage: 'Ein Honorar kann nicht gezahlt werden, eine Mitarbeit ist ausschließlich ehrenamtlich möglich'. Auch dort (Theaterprojekte ähnlich wie Wikipedia, DMOZ oder das Mitprogrammieren an OpenSource) lassen sich Leute auf Tätigkeiten ohne Bezahlung ein - entweder, weil es ihnen Spaß macht, weil sie sich Vorteile für ihre anderen Tätigkeiten erhoffen oder weil sie hoffen, durch das so mögliche Dazulernen an anderen Stellen Vorteile zu gewinnen.

Hier wird das ganze eben sehr blumig ausgedrückt und umwölkt - eben theatermäßig. Und wenn man die sonstigen Schilderungen (Erfahrungen nach dem eigenen England-Aufenthalt) mit dazunimmt, dann springt ja für den Betreiber auch so gut wie nichts dabei heraus. Was der Betreiber sich selbst zumutet, das erwartet er dann auch von anderen.
 
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